Zwei Mädchen schreiben hoffnungsvoll an eine Mauer: "PLEASE NO MORE WAR - LOVE"

Die Bedeutung von Volksliedern in Zeiten des Krieges - eine ukrainische Perspektive

Schmerz, Verluste, Trauer und Angst – alle diese Erfahrungen und Emotionen können Menschen in Kriegsgebieten traumatisieren. Schon die Geschichte hat gezeigt, dass Musik in solchen schwierigen Zeiten eine große Hilfe sein kann, um Trost und Hoffnung zu spenden. So gab es bereits im Ersten Weltkrieg zahlreiche Gesangsgruppen und Chöre an der Front, aber auch unter den Gefangenen in Konzentrationslagern, um beispielsweise den Schmerz zum Ausdruck zu bringen, Widerstand zu leisten und die Hoffnung auf Frieden zu bewahren.

Auch in Zeiten gegenwärtiger Kriege ist Musik weiterhin ein treuer Begleiter der Menschen. In Syrien gibt es zahlreiche Musikerinnen und Musiker, die trotz des Krieges weiterhin Konzerte geben und Menschen mit ihrer Musik zusammenbringen. Dadurch setzen sie ein Zeichen und zeigen, dass obgleich in einem Land Gewalt und Krieg herrschen, ein Miteinander trotzdem möglich, ja sogar überlebenswichtig ist.

Volkslieder nehmen einen besonderen Stellenwert in Kriegssituationen ein. Mit ihrer Textgrundlage dienen sie als Ausdruck für Solidarität, Hoffnung und Zusammengehörigkeit und tragen dazu bei, dass Menschen sich durch das gemeinsame Singen verbunden fühlen und in ihrer Lage nicht allein gelassen werden. In der Ukraine haben Volkslieder eine lange Tradition und spielen auch heute noch eine wichtige Rolle. Im Konflikt mit Russland und den gewalttätigen Auseinandersetzungen im Osten des Landes bekommen die oft von Liebe, Leidenschaft und Heimat handelnden Lieder eine neue Bedeutung zugewiesen und werden nun mit den Erfahrungen des Krieges assoziiert. Viele Texte drücken die Trauer und das Leid der Menschen aus, die von der Gewalt betroffen sind, und bieten Trost und Hoffnung. Andere Lieder erzählen von der Notwendigkeit, zusammenzustehen und gemeinsam für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Ein besonders bekanntes ukrainisches Volkslied, das auch heute noch, gerade in schwierigen Zeiten, oft gesungen wird, ist "Щедрик" ("Schdchedryk" | "großzügig") von Mykola Leontovych (Ausgabe von ipipapa). Im Kontext des Volksliedes geht es darum, dass die kommenden Festtage „großzügig“ an Freude, Glück und Segen sein werden. Das Lied erzählt von einem Kiebitz, der zu Weihnachten kommt, um Frieden und Wohlstand zu bringen. Es ist ein Symbol für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und wird oft von Chören gesungen – meist jedoch in der bekannten englischen Version „Carol of the Bells“. Auch in anderen Ländern ist das Lied bekannt und wird immer wieder in der Weihnachtszeit gespielt. Es zeigt, wie die Musik, insbesondere Volkslieder, die kulturelle Identität und das Erbe eines Landes bewahren kann, das durch Krieg und Gewalt bedroht wird. Auch Lieder wie "Вийди, вийди, Іванку" ("vidi vidi, Ivanko" | "Oh, komm raus, Ivanko“), "Ой ходить сон коло вікон" ("Oi hodit son podle okon" | "Oh, ein Traum geht am Fenster vorbei"), das George Gershwin zu seiner Arie "Summertime" in der Oper "Porgy and Bess" inspirieren sollte, und die ukrainische Nationalhymne "Ще не вмерла Україна" ("Schtsche ne wmerla Ukrajina" | "Die Ukraine ist noch nicht gestorben") werden von vielen Ukrainerinnen und Ukrainern in ihrer ausweglosen Lage des Krieges gesungen und machen ihnen Mut, weiter für eine gerechte Welt in Frieden zu kämpfen.

Doch: Warum sollten auch Menschen aus anderen Ländern solche Volkslieder wie die der Ukrainerinnen und Ukrainer singen? Der Grund dafür liegt in der universellen Bedeutung der Liedtexte. Die Themen von Liebe, Heimat und Zusammengehörigkeit sind in vielen Kulturen von zentraler Bedeutung und können auch in anderen Sprachen und Traditionen zum Ausdruck gebracht werden. Darüber hinaus ist besonders relevant, dass in Zeiten des Krieges mit dem Singen dieser Lieder Solidarität zum Ausdruck gebracht werden kann.

Häufig stellt die Interpretation solcher Volkslieder allerdings Schwierigkeiten dar, weil die Schrift in der jeweiligen Sprache oftmals nicht in den Lauten der eigenen Muttersprache gelesen werden kann. Um das Problem zu lösen, kann man mithilfe von einer Lautschrift, z.B. dem Internationalen Phonetischen Alphabet (IPA), die korrekte Aussprache erlernen. Damit wird eine authentische Interpretation überhaupt erst ermöglich. Und es muss noch nicht einmal die Sprache erlernt werden, auch wenn man natürlich über den Inhalt der Gesangstexte Bescheid wissen will.

Volkslieder sind daher ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Identität und können in schwierigen Zeiten wie im Krieg dazu beitragen, die Gemeinschaft zu stärken und ihnen Hoffnung zu geben. Indem wir die Lieder anderer Kulturen lernen und singen, können wir unsere Verbundenheit mit anderen Menschen und Kulturen ausdrücken und somit zu einer friedlicheren Welt beitragen.

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